Preisverleihung: Spielstättenprogrammprämie NRW
Preisverleihung: Spielstättenprogrammprämie NRW
WE♥Jazz
Di. 23.01.2024 - 19:00 Uhr
Der Jazzclub Henkelmann wird neben anderen Spielstätten im Rahmen einer Feierstunde an der Oberen Mühle ausgezeichnet. Weitere Informationen im IKZ-Artikel von Ralf Tiemann:
Ein Fundament der kulturellen Infrastruktur
Der Hotclub Iserlohn wird vom Land NRW mit der „Spielstättenprogrammprämie“ ausgezeichnet. Die feierliche Preisverleihung an 16 Spielstätten fand im Henkelmann statt.
Ralf Tiemann
Iserlohn. Wie und warum das alles noch funktioniert, ist schwer zu sagen. „Wir machen das aus irgendeinem Grund“, setzte Maik Ollhoff, Geschäftsführer und künstlerischer Leiter des noch jungen Jazzclubs „Das Loch“ in Wuppertal zu einem Erklärungsversuch an, den er aber nicht ganz zu Ende führte. Man muss sich diesen „irgendeinen Grund“ halt denken: Leidenschaft? Der unbedingte Wille, das Niveau doch noch irgendwie hochzuhalten und aktuelle Livemusik jenseits des Spotify-Mainstreams möglich zu machen? Die Befürchtung, dass sonst unendlich viel verloren geht? Sinnvoll sei es nüchtern betrachtet jedenfalls nicht, so etwas in einer „Pleitestadt“ wie Wuppertal zu versuchen.
Und doch: Es funktioniert dann irgendwie und es geht auch weiter. „Wir sollten alle einmal innehalten
und verstehen, was für einen Wahnsinnsbetrieb wir hier am Leben halten.“
Wir haben aus der allergrößten Not eine Tugend gemacht.
Uwe Plath, Programmgestalter im Henkelmann
Genau dafür war Zeit am Dienstagabend im Jazzclub Henkelmann bei der Verleihung der „Spielstättenprogrammprämie“ (siehe unten) des Landes NRW. 16 kleine Spielstätten, ähnlich wie der Iserlohner Club, wurden da vom Landesmusikrat und dem Landesministerium für Kultur und Wissenschaft ausgezeichnet. Für die feierliche Preisverleihung hatten nicht nur die Macher dieser Spielstätten den Weg in den Club an der Oberen Mühle gefunden, sondern auch die Präsidentin des Landesmusikrates, Prof. Dr. Christine Siegert, ihre Referentin für Amateur- und Berufsmusik,
Eva Luise Roth, Thomas Baerens als Referatsleiter Musik im Ministerium für Kultur und Wissenschaft,
sowie viele Vertreter der Iserlohner Kulturszene und Politik, darunter Bürgermeister Michael Joithe, der Landtagsabgeordnete Thorsten Schick und die Kulturausschussvorsitzende Eva Kirchhoff.
Preisverleihung im Club ist eine besondere Wertschätzung
Für den Henkelmann, der sich erstmals beworben hatte, war nicht nur der direkte Gewinn des Förderpreises, sondern auch der Umstand, als Gastgeber der Preisverleihung auserwählt worden zu sein, eine große Sache. „Wir sind überglücklich“, sagte Tyrid Cornelissen, Vorsitzendes des Iserlohner Hotclubs, im Gespräch. Abgesehen von den 9000 Euro Preisgeld sei dieser ganze Abend eine ungeheure Wertschätzung. Wie an den anderen Spielstätten auch, ist das kleine ehrenamtliche Team des Hotclubs unermüdlich bei der Arbeit und plagt sich neben der künstlerischen Organisation von Konzerten mit Unmengen an bürokratischen und finanziellen Dingen, um den ältesten Jazzclub Deutschlands von 1952 am Leben zu erhalten. Im Zuge von Corona und der eingestellten Unterstützung seitens der Sparkasse hatte der Club sehr tief in den Abgrund geblickt. Trotz der finanziellen Unterstützung
der Stadt ist das Preisgeld für den Club überlebenswichtig. Genau deswegen hatte der erfahrene
und gut vernetzte Programmmacher Uwe Plath auch sehr gezielt mit einer neuen Jugend-Reihe auf
diese Förderung hingearbeitet, bei der ganz bewusst junge Musiker aus NRW, aber auch Musiker aus dem Iserlohner Raum im vergangenen Jahr eine Bühne im Henkelmann bekommen haben, um die Förderkriterien des Landes zu erfüllen.
Ohne sie wäre NRW ein sehr viel ärmeres Land.
Thomas Baerens, Referatsleiter Musik im Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW, über die kleinen Spielstätten der freien Szene
Auch in diesem Förderprozess steckte extrem viel Arbeit für das Team. Grundstock, so Plath im Gespräch, sei nach Corona eine Spende des Lions-Clubs Iserlohn gewesen, ohne die die ersten Jugendkonzerte und damit auch die jetzige Förderung nicht möglich gewesen wären, wofür er namentlich dem Lions-Präsidenten Dr. Michael Hartmann und dem Past-Präsidenten Heinz Henkemeier nochmals dankte. Dass nun gleich die erste Bewerbung für diesen Förderpreis so glatt lief, sei nicht abzusehen gewesen und ein riesiger Erfolg, sagt Plath. „Wir haben aus der allergrößten Not eine Tugend gemacht.“
Fundamental wichtig für die kulturelle Infrastruktur
Umrahmt wurde die Preisverleihung am Dienstag natürlich von erstklassiger Musik von dem „Trio
Loco“ mit Freya Deiting (Violine), Jörg Siebenhaar (Akkordeon) und Konstantin Wienstroer (Kontrabass). „Es ist schön, wieder so unbeschwert Live-Musik zu hören“, erinnerte Thomas Baerens an den tiefen Corona-Einschnitt mit den vielen „erlittenen“ Distanz-Formaten in der Kultur. Viele kleine Clubs mussten in dieser Zeit die Segel streichen, das Live-Erlebnis sei aber trotz aller Verluste nicht ganz zusammengebrochen, was gerade mit Blick auf die kleinen Spielstätten der freien Szene überaus wichtig sei: „Ohne sie wäre NRW ein sehr viel ärmeres Land.“ Das betonte auch Christine Siegert:
„In Corona haben wir neu gelernt, wie existenziell es für Künstler ist, sich auf der Bühne zu präsentieren.“ Ohne Live-Auftritte gebe es keinen Antrieb und keine Entwicklung. Die kleinen Spielstätten wie der Henkelmann seien fundamental wichtig für die kulturelle Infrastruktur
des Landes. Die Preisgelder seien ausdrücklich an keine bestimmte Verwendung gebunden,
den Clubs garantiere das größtmögliche Flexibilität. „Das ist das Mindeste, was wir an Wertschätzung
leisten können“, so die Präsidentin des Landesmusikrates. Schließlich litten die kleinen Spielstätten immer noch sehr. „Eigentlich sollte ein solcher Preis ein Topping obendrauf sein. Für uns ist das aber der Kern“, ordnete Maik Ollhoff von „Das Loch“ die Prämie als lebenswichtig für kleine Clubs ein. „Ich
weiß nicht wie, aber wir brauchen mehr institutionelle Unterstützung vom Land und von den Kommunen“, appellierte er an die Vertreter des Landes und der Politik. „Schaut
euch an, was für eine wichtige Arbeit wir an der Basis leisten.“ Die Idee gehe weit über die Musik hinaus. „Wir sind ein Ort der Begegnung, des Ausprobierens und Experimentierens
und des Weiterentwickelns.“ Und diese Ideen gelte es, in die Gesellschaft zu tragen. In diesem
Zusammenhang schloss er einen weiteren Appell an: „Wir wollen die Bewegung der letzten Tage
gegen Rechts unterstützen. Die ganze Musikszene muss aufstehen und laut werden.“
Die Spielstättenprogrammprämie
Mit der Spielstättenprogrammprämie zeichnet der Landesmusikrat NRW mit dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW seit 15 Jahren kleine und mittlere Bühnen der freien Musikszene für
ihren besonderen Einsatz und ihr anspruchsvolles und engagiertes Live-Programm aus. Spielstätten seien ein „strukturgebendes Element für den Jazz“, erklärt Thomas Baerens. Die besondere Förderung sei bei der Einführung ein Novum gewesen und auch heute noch eher atypisch. Letztlich sei sie aber ein
„unmittelbarer Akt der Künstlerförderung“. Ursprünglich mit 14.000 Euro ausgestattet, verfügt der Preis inzwischen über eine Fördersumme von 144.000 Euro jährlich, von denen 135.000 Euro ausgeschüttet werden. Die Fachjury wählt aus den Anträgen die Gewinner nach festen Kriterien aus
und kann sie mit einer Fördersumme zwischen 5000 und maximal 25.000 Euro fördern. In der Spielzeit 2023/24 sind mehr als 30 Förderanträge eingegangen, von denen nun 16 ausgewählt wurden, die Prämie zwischen 5000 Euro und 16.000 Euro erhalten. Platz eins (16.000 Euro) belegt „Das Loch“ (Wuppertal), jeweils 13.000 Euro gehen an die „Klangbrücke“ (Aachen) und das „Loft“ (Köln). Mit einer
Fördersumme von 9000 Euro liegt der Henkelmann zusammen mit anderen Clubs (darunter das Dortmunder „Domicil“) auf Rang drei. Dahinter folgen weitere Preisträger mit 5000 Euro.
Der Jazzclub Henkelmann öffnet seine Türen immer 30 Minuten vor Konzertbeginn,
außer bei Discoveranstaltungen.